„Andacht“ früher, „Heilige Bibel-Stunde“ heute

Frömmigkeits-Geschichte, Kirchengeschichtliches

Von der Sonntags-Andacht zur Heilgen-Bibel-Stunde an einem Wochentag. Zuerst zum Neuen, zu „Heilige Bibel-Stunde: hören – fühlen – kommunizieren – beten“

In einer katholischen Kirchen-Gemeinde, nicht in Freienohl und nicht im Sauerland, wurde Neues entwickelt. Denn immer weniger kamen in die Sonntags-Andacht. Einige sagten: „Familie geht vor!“ Andere, sie verstünden nicht die Gebets-Worte, auch nicht die Lieder. Ein Gemeindemitglied etws lümmelhaft schmunzelnd: „Pastor hat ja Zeit und keine Familie.“ - Die „Heilige Bibel-Stunde“ wird gefeiert einmal im Monat am Montag von 16 bis 17 Uhr in der katholischen Kirche, zumeist von Seniorinnen und Senioren und zusammen mit evangelischen Christen, auch mit jungen Christinnen und Christen. – In der Kirche ist ein PC-Lautsprecher. Manche haben eine Bibel bei sich. Sie öffnen im Alten Testament den letzten Psalm, sprechen, beten ihn, oder einen anderen. „Humus!“ Zur Erinnerung das Zitat von Frau Prof. Dr. Hanna-Barbara Gerl-Falkowitz, Universität Wien: „Geschichte ist der Humus, auf dem die Zukunft wächst!“ – Alle sitzen oder knien und sind still, schweigen. Die Bibel-Öffner am PC-Lautsprecher schalten eine Hör-Bibel an; davon gibt es im Web mehrere Möglichkeiten. Nach 10, 15, 20, 30 oder … Minuten meldet sich deutlich eine Bibel-Hörerin, ein Bibel-Hörer. Der letzte Satz wird sofort wiederholt. Alle hören die Aussage, die Frage, die Meinung. Drei Minuten Stille, Schweigen, so vereinbart.Dann können sich alle melden, fragen, antworten, ihre Meinung, Erfahrung sagen. Selbstverständlich höflich kurz und bündig. Dazu assistiert die Bibel-Teamerin, der Bibel-Teamer. Zum sich Vorbereiten, Offenhalten zum Beten. Deutlich einfühlsam und bedachtsam, ganz anders als das oberflächliche Genuschel oder arrogante Laut-Manöver mancher Hirten. Glaubwürdig gebetet wird: „Kyrie eleison – Herr, erbarme Dich unser!“ – „Gloria in excelsis Deo – Ehre sei Gott in der Höhe!“ – „Sanctus, Sanctus, Sanctus, Dominus Deus Sabaoth! – Heilig, heilig, heilig Gott, Herr aller Mächte und Gewalten!“ – „Agnus Die, qui tollis peccata mundi! – Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünde der Welt!“ – „Adoro te devote, latens Deitas! – Verborgner Gott, ich bete Dich voll Demut an!“ – Ein anderes Schlussgebet vom Bibel-Stunde-Team ist mithilfe vom Web die Liste „Biblische Gottesnamen“ plus 1 Bibel-Zitat. Hier nur Bibel-Namen: Elohim, Jachweh / Jehovah, Adonai, Meche, Sabaoth, Allah; Schalom; Halleluja = Gelobt sei Gott, der Herr, heutzutage meinen alle: Hallo, Hello, Heilo, High: den Alltagsgruß. - Noch zur Praxis der „Bibel-Stunde“: ein Gottes-Name wird gesagt plus ein Bibel-Zitat; dann drei Minuten Stille, dann herzlich offen das Kreuzzeichen und Amen – Sosei es.

Nun zur Erinnerung ins Früher: Andacht, Sonntags-Andacht, Hoch-Andacht, Fest-Andacht:                                                                                                                     Früher, sonntags „gingen in die Kirche“, so sagte man, die Ehefrau und Mutter um 8 oder 9 Uhr in die Sonntagsmesse, in die Kindermesse; hinterher kochte die Hausfrau das Mittagsessen. Der Ehemann, die Männer gingen ins Hochamt. Nachmittags gingen alle in die Andacht; vorne rechts, - natürlich -, die Knaben, Jungen, hinter ihnen die Männer; vorne links die Mädchen, hinter ihnen die Frauen. Vorne im Mittelgang stand, ging der Küster mit seinem langen Stütz-Stutz-Stab und achtete energisch auf die Ruhe der Knaben. Die Mädchen waren sowieso ruhig, artig. Beim Schellen standen alle auf. Die Orgel begann. Durch die Sakristei-Tür schritten zur Sonntags-Andacht 2 Weihrauch-Ministranten und 2 Altar-Ministranten oder Ministrantinnen und der Pastor in ihrer Spezialkleidung zum Altar, zur Kniebeuge. Der Pastor „setzte aus das Allerheiligste“, die große Hostie in die Monstranz auf den Tabernakel. Die Minis schellten, der Weihrauch schuf neue Atmosphäre. Das Singen und Beten ist lesbar im „Gotteslob“. Mit dem „Tantum ergo“ beginnt der feierliche Schluss-Segen mit Jesus Christus in der goldenen Monstranz. – Das Tragen der Monstranz mit dem Allerheiligsten, zum Beispiel von unserer Kirche hinunter zum unteren Küppelweg, über die Ruhrbrücke, auf dem Breiter Weg hinauf bis hinein in unsere Kirche, mit 4 Segen-Stationen, einem bescheidenen Abschluss, alles ist gewiss keine körperliche Kleinigkeit für den einen Träger, unseren Pastor; denn nur der Priester, der Pastor darf den Allerheiligsten tragen, in, mit der Monstranz. – Danke allen Mitgehenden: den Himmel-Trägern, den Ministrantinnen, Ministranten, der Musikkapelle, den Schützenbrüdern, Vereinen, den Jungen und Alten, der Polizei und … -

„Totengebet“: In unserer St. Nikolaus-Kirche am Abend um 18 Uhr vor dem Beerdigungstag. Dabei ist die Trauer-Familie, auch Angehörige, zumeist vorne rechts in unserer Kirche, andere Mittrauernde, Nachbarn, Freunde sind auch gekommen. Der Vorbeter hat Gebets-Blätter verteilt … - Auf Freienohler.de sind zu lesen weitere Informations-Texte: Thomas von Aquin über die Traurigkeit / Trauercafé: Keiner ist eine Insel (bis 2019, Corona-Beginn) / Prozessionen in Freienohl / Unsere Totenleuchte (links vor der Kirche); Namen der „Zusammen-Arbeitenden“ sind hier aus Höflichkeit nicht genannt.

Exquisite Zeichen für Gottesdienst zum Gottesdienst im Kirchen-Raum:

„Volksmission“ Freienohler Frauen 1995 mit ihrem „Schmachtlappen“, dann nach 2002 vom Schmachtlappen … zum Hungertuch … zum Fastentuch

Zuerst: ganz knapp:

Hier meint „Schmachtlappen“ nicht – sauerländisch – einen langen, dünnen Mann, keinen Hungerleider, keinen Schwächling, keinen Schwachkopf, erst recht keine Hippe. Das „Hungertuch“ zeigte auf großen Bildern seit 1000 Jahren Christen-Gemeinden ihre christlichen Lebensfelder rund um sich herum. Mit dem „Fastentuch“ schafft das Hilfswerk „Misereor“ dank religiös hochqualifizierter Künstler bei Christen weiten Blick und großzügiges Herz für Welt-Mission. Nach den ausgefallenen „Volksmissionen“ planen und schaffen – 1995 – 1997 – Christen unserer St. Nikolaus-Pfarrei für uns selbst ein eigenes sehr bodenständiges und deutlich hoch sichtbares Fastentuch. Diese Missionierung haben Freienohler Frauen wortwörtlich in die Hand genommen.

 

Jetzt: konkreter:

Das Jahr für Jahr neue Fastentuch von „Misereor“ - vorn im rechten Seitenschiff - wurde immer bewundert. In all seinen Teilbildern wahrgenommen. Aber – und damit begann 1995 das Brainstorming – es fehlte das, was früher in der Karwoche die Volksmissionare, die Hiltruper Patres aus Oeventrop, Dominikaner aus Warburg, immer wieder initiiert hatten in drei ausdrücklich christlichen Bereichen: Liturgie, Diakonie, Evangelisation. Der Pfarrgemeinderat (PGR) beriet: Gottesdienste: Eucharistieferen, Ewige Anbetung, Taufe, Erstkommunion, Firmung, Trauung, Küppel-Prozession, Urbanus- / Fronleichnams-Prozession, Bußgottesdienste, Andachten: Mai-Andachten, Rosenkranz-Beten, Herz-Jesu-Andachten. Kranken-Kommunion, Toten-Gebet... Diakonie: die ausdrückliche Zusammenarbeit zwischen Pfarrer und Helferinnen, Helfern. Evangelisation: Ministranten-Dienst, ausdrückliche Wort-Gottes- / Bibel-Vorträge+Diskussion mithilfe unserer Vereine. - Ein „Kreis junger Frauen“ in unserer kfd (in Bescheidenheit korrekt klein geschrieben) schaffte selbstverständlich die gesamte künstlerische und handwerkliche Gestaltung, Anfertigung: Elisabeth Bredt, Inge Ginter, Regina Nelle, Anette Risse, aus Meschede: Ursula und Johannes Berg. Die erste Aufhängung haben zum Aschermittwoch, dem 12. Februar 1997 die Freienohler „Kirchen-Meister“ Franz Feldmann und Hans Mockenhaupt vorgenommen. Der Kirchenvorstand (KV) hat die Kosten bestätigt: 1.360,60 DM. Die Pfarrversammlung war nach dem Gottesdienst mit der gesamten Leistung insbesondere auch dieser Frauen sehr einverstanden. - Das wie das Altarkreuz breite und mit ihm unten endende Fastentuch reicht bis kurz unter die Decke. Die Zeichensprache der Farbe und der drei Logos ist eindeutig: die Grundfarbe ist dunkles Violett: Fastenzeit; das Gold-Gelb des oberen Logos zeigt die Eucharistie: einen kleinen und großen Kelch; das dunkle Rot der Liebe im mittleren Logo zeigt einen sich herab beugenden helfenden Menschen; das Himmel blaue untere Logo zeigt die weiß aufgeschlagene Bibel mit dem Alpha und Omega, dem ersten und letzten Buchstaben des griechischen Alphabets, als Zeichen für das ganze Wort Gottes; davor hängt das Altarkreuz. - Die Grundlage für alles ist der Altar mit der Eucharistiefeier. Für die Gottesdienst feiernde Gemeinde ein wahrer, wahrhaftiger Einblick, Durchblick zum persönlichen Gott-Glauben.

Nichts Genaues ist bekannt seit dem 21. Jahrhundert, warum die St. Nikolaus-Gemeinde dieses Fastentuch nicht mehr verwendet. Im Laufe dieser Jahre gilt auch hier das kirchengeschichtliche Charakteristikum vom männlichen Klerikalismus.

Heinrich Pasternak, ergänzt Juni 2025